Gemeinsam mit Dieter Overath bin ich gerade in Costa Rica auf der General Assembly von Fairtrade. Die General Assembly ist die jährlich stattfindende Generalversammlung aller Mitglieder von Fairtrade International. Dazu gehören neben den Nationalen Fairtrade Organisationen, wie TransFair auch die Produzentennetzwerke, die gleichberechtigt an allen wegweisenden Entscheidungen von Fairtrade beteiligt sind. Bevor die Versammlung erstmals auf lateinamerikanischem Boden beginnt, haben wir etwas Zeit für einen Einblick in die Lebenswirklichkeit von Ananas-Produzenten im Fairtrade-System.

Costa Rica ist ein erstaunliches Land. 4.5 Mio Ticos (Einwohner) 1 Mio Zuwanderer, die hier vor Armut, Gewalt oder Militärdienst aus den anliegenden Ländern Mittelamerikas nach Costa Rica kommen. Es gibt keine Armee, das Land investiert das Geld lieber in eine frei zugängliche Bildung für alle Einwohner, oder in die Erhaltung der Natur. Auf kleinster Fläche wechseln sich Vegetationen ab – und damit auch Anbaumöglichkeiten für Kaffee, Zuckerrohr, Bananen, Maniok, Pfeffer, Orangen, Ananas und vieles mehr. Sonne, Regen, fruchtbarer Boden, das Land ernährt seine Einwohner gut – und exportiert darüber hinaus in aller Welt.

Klimawandel in der Schweiz Lateinamerikas längst angekommen

Wir fahren durch den Regenwald nach Nordosten. Pital heißt das Städtchen, in dem sich vor acht Jahren Coopepiña zur Genossenschaft zusammengeschlossen hat, um gemeinsam Ananas zu vertreiben. Ein viriles Team begrüßt uns, um in die Geheimnisse des Ananas Anbaus einzuführen. Die Frucht braucht viel Aufmerksamkeit. Beginnend mit der Pflanzung, starke Pflanzen sind weniger erkrankungsanfällig. Über ein Jahr wächst die Pflanze, blüht, bildet die Frucht aus, reift, um dann den Weg nach Europa zu starten. Täglich kontrollieren die Bauern ihre Pflanzen, damit sie Krankheiten und Insektenbefall frühzeitig erkennen können und somit den Einsatz von Pflanzenschutzmittel minimieren können. Das Pflanzdatum bestimmt den Erntetag. Aber der Klimawandel hat auch hier seinen Beitrag geleistet. Temperaturwechsel und Regenveränderung beeinträchtigen die Blühte, und damit sind die Ananas in einem Feld nicht mehr zur gleichen Zeit reif. Dies erhöht die Kosten der Ernte.

Derzeit ist es schwierig für die Ananasbauern. Es gibt zu viele Ananas, der Preis ist auf 5 Dollar für 12 kg Ananas gesunken. Bei Fairtrade erhalten sie für die gleiche Menge 7,92$ plus 72 US-Cents Prämie (bzw. 0,66$/kg plus 0,06$/kg Prämie). Derzeit wird die Überproduktion an die Kühe verfüttert, aber die Hoffnung ist groß, in zwei bis drei Wochen wieder mehr verkaufen zu können.

Diversität für mehr Anbau und weniger Abhängigkeit

Johann, ein junger Bauer und Mitglied der Kooperative experimentiert mit Mitteln, die Pestizide minimieren und pflanzliche Düngung stärken sollen. Er hat durchgesetzt, dass die Mitglieder der Kooperative spätestens alle drei Jahre die Felder mit anderen Fruchtsorten bewirtschaften, um einerseits die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und andererseits die eigene Ernährung sicherzustellen und die Abhängigkeit von einem Cashcrop zu mindern.

Senan Murillo Solis ist seit drei Jahren Mitglied einer Fairtrade-zertifizierten Kooperative.

Diese Philosophie sehen wir bei Senan Murillo Solis. Er ist 60 Jahre alt und bewirtschaftet mit seinen zwei Söhnen Isaak und Mauricio 35 ha Land. Auf 20 ha des Landes wird Ananas angebaut, 5 ha mit Maniok, Yuka, Bohnen, Pfeffer und kleineren Gemüse und Obstsorten. Und er besitzt drei Kühe. „Ich liebe es, Bauer zu sein, das Land zu bestellen, mit der Natur eins zu sein.“ Das zeigt er auf 10 ha Land, auf dem unberührteren Wald steht, damit die heimischen Tiere einen Rückzugsort haben.“

Senan ist ein glücklicher Bauer, denn seit drei Jahren ist seine Kooperative Fairtrade zertifiziert. Seitdem hat sich vieles geändert: „Wir tauschen uns aus, wir können unter Fairtrade verkaufen und haben hier und da ein Extra Einkommen. Aber das Beste: Meine Söhne sehen in der Landwirtschaft ihre Zukunft. Jetzt kann ich mich nach und nach zurückziehen.“ Und Mauricio übernimmt kämpferisch: „Wir werden weiterarbeiten, allein schon um zu verhindern, dass die großen Multis unser Land aufkaufen und eine riesige Plantage als Monokultur anbauen.“

Jetzt liegt es an Fairtrade, für Coopepiña weitere Supermärkte zu finden, damit langfristig eine nachhaltige Landwirtschaft in dieser Region gestärkt werden kann.