Es ist Freitag, der 15. April 2011. Ich komme aus Costa Rica und überquere die Grenze nach Panamá über eine ehemalige Eisenbahnbrücke. In Almirante bin ich mit der Kakao-Kooperative COCABO verabredet. Ich komme in die Geschäftsraume der Kooperative und platze mitten hinein in einer Sitzung des Kooperativen-Vorstands, in der über eine Gehaltserhöhung der Angestellten der Kooperative verhandelt wird. Nach der Sitzung nimmt sich David Casasola für mich Zeit. Er ist selbst Kakaobauer, arbeitet aber die meiste Zeit als Agrarwissenschaftler für die Kooperative. Er koordiniert die Zertifizierungsprogramme für den Fairen Handel und den Bioanbau und unterstützt die Produzenten bei der Vermittlung von Anbaumethoden und bei der Qualitäts- und Ertragssteigerung.

Im Auto fahre ich mit David Casasola aufs Land um ein paar Kakaoproduzenten zu besuchen. Er erzählt mir dabei von der Kooperative, die es bereits seit 58 Jahren gibt und somit die älteste Kooperative in Panamá ist. Die Kooperative ist sehr groß und besteht aus 1.250 Produzenten, die Kakao anbauen, der Fairtrade- und Bio-zertifiziert ist.

250 weitere Produzenten sind Teil der Kooperative und befinden sich zur Zeit im Zertifizierungsprozess. Erstaunlich fand ich aber, dass 100 Produzenten sich gerne zertifizieren lassen würden, das aber nicht können, weil ihre Parzellen zu dicht an den großen Bananen-Plantagen von Chiquita gelegen sind, die regelmäßig von Flugzeugen aus mit Gift besprüht werden.

Im Gegensatz zu den allgegenwärtigen Bananenplantagen, bei denen die Früchte zum Schutz vor Ungeziefer in blaue Plastiktüten gepackt sind, stehen die kleinen Parzellen der Bauern der Kooperative. Früher war es noch reine Subsistenzwirtschaft, jetzt bauen sie neben Bananen für den lokalen Markt und weiteren Früchten zum Eigenbedarf eben auch Kakao für den Export an. Die Felder sind gemischt, zwischen Bananenbäumen stehen Kakaobäume, weitere Bäume um Bauholz zu schneiden und Früchte wie Papayas. Die Produzentenfamilien leben in kleinen Holzhäusern inmitten der Pflanzen. Gerade ist keine Ernte-Saison, aber ein paar Kakaofrüchte können das ganze Jahr geerntet werden. Diese werden von den Bauern geöffnet, fermentiert und getrocknet. Zum Trocknen gibt es seit ein paar Jahren bei den meisten Bauern kleine Häuschen, die mit durchsichtiger Plastikfolie gedeckt sind. Diese passen zwar nicht ganz in die Landschaft, sind aber sehr praktisch, da der Kakao auch bei dem häufigen Regen gut getrocknet werden kann. Das wirkt sich positiv auf die Qualität aus. Zum Teil wurden diese Häuschen von der Fairtrade-Prämie errichtet, die die Kooperative durch den Verkauf an den Fairen Handel erhält.

David Casasola scheint alle 1500 Produzentenfamilien persönlich zu kennen. Alle Menschen begrüßen ihn freundlich wenn er kommt und es wird mit jedem kurz gesprochen. Wenn uns die Bauern ihre Kakaopflanzen oder den Fermentierungsprozess zeigen, hat er immer ein paar Tipps parat, wie die Pflanzen geschnitten werden können oder wie der Fermentierungsprozess verbessert werden kann. Die Bauern nehmen die Tipps dankbar an, zumal eine gesteigerte Qualität sich unmittelbar auf den Preis des Kakaos auswirkt.

Victoriano Palacio, Mitglied des achtköpfigen Kooperativen-Vorstands von COCABO

Mit einem der Produzenten unterhalten wir uns länger. Victoriano Palacio ist Mitglied des Kooperativen-Vorstands und ist zuständig für die Finanzen der Kooperative. Auch er baut Kakao an und wohnt mit seiner Familie in einem einfachen Holzhaus. Mich interessiert es besonders, was die Kooperative mit der Fairtrade-Prämie macht. Ich frage, ob das Geld auch für die Gesundheitsstationen in den Dörfern oder die Schulen investiert wird, die ich gesehen habe. Diese werden allerdings direkt vom Staat finanziert. Wofür die Fairtrade-Prämien ausgegeben werden, entscheidet jedes Jahr die Generalversammlung der Kooperative. Vor einigen Jahren hat die Kooperative ein Auto angeschafft, mit denen der Kakao von den entfernt wohnenden Bauern abgeholt werden kann. Dann gab es die Kakao-Trocken-Stationen und weitere Programme zur Verbesserung der Qualität. Was Victoriano Palacio für die Zukunft besonders interessant finden würde, wären kommunale Solar-Stationen, bei denen die Bauern elektrische Geräte wie Mobiltelefone laden könnten. Die meisten Familien sind nämlich nicht ans Elektrizitätsnetz angeschlossen und gerade für ihn wäre es eine große Hilfe, wenn er ständig erreichbar wäre um den Geschäften der Kooperative nachzugehen.

Mein Eindruck der Kooperative bleibt der, dass kaum einer der Kakaoproduzenten besonders wohlhabend ist. Nach unseren Maßstäben wohnen sie zumeist in ärmlichen Verhältnissen. Das ist vielleicht nicht das, was man sich vorstellt, wenn an Fairen Handel denkt. Allerdings, das versichert mir auch David Casasola, fehlt es den Produzenten nicht an Nahrungsmitteln, die Kinder gehen in die nahe gelegenen Schulen, müssen nur gelegentlich bei der Arbeit mithelfen und in den meisten Dörfern gibt es Gesundheitsstationen. Zudem sind sie nicht auf Gifte zur Schädlingsbekämpfung angewiesen und mein Eindruck war es, dass alle Menschen hier sehr glücklich leben. Vor allem aber waren die Bauern stolz, Mitglied der Kooperative zu sein, in der sie gemeinsam ihre Qualität verbessern und ihren Kakao vermarkten.

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