Am Freitagmittag wurden Amit Narke (Purecotz), Hasmukuh Dhodi (Purecotz), Jan (Jan Traegt Gruen) und ich herzlich von Deniz Köksal, Leiter Retaillabour, und Oberstudienrat Thomas Kraft an der Universität Reutlingen empfangen. Unser Besuch startete mit einem Rundgang über den Uni-Campus und einer Führung durch die Textilmanufaktur. Mit der internationalen Fakultät Textil & Design bietet die Universität Reutlingen Themenbereiche wie Textiltechnologie, Textil- und Modemanagement, Textil- und Modehandel, Textildesign, Modedesign, Fahrzeuginnenraumdesign, Interdisziplinäre Materialwissenschaften und Künstlerische Konzeption an. Als einzige Universität kann hier die gesamte Textil-Lieferkette für Baumwolle nachgestellt werden, von der Herstellung des Garns über die Weberei des Stoffs bis zum fertigen Kleidungsstück.  

Selbst unsere indischen Gäste, Amit und Hasmukh von Purecotz, waren von der Darstellung und den Gerätschaften beeindruckt. Nach einem gemeinsamen Mittagessen mit dem Orga-Team der Fakultät Textil & Design in der Uni-Mensa, begaben wir uns in das Auditorium, wo die Podiumsdiskussion zur Fashion Revolution Week stattfinden sollte.

Teilnehmer der Podiumsdiskussion bunt gemischt

Neben Amit, Hasmukh und mir als Vertreter von Fairtrade und der indischen Textilherstellung, nahmen außerdem Matthias Knobel, Leitung Planung & Beschaffung bei der Mey Unternehmensgruppe, sowie die Studentin und Bloggerin Franziska Uhl (unpetitsourireslowsdown) an der Podiumsdiskussion teil.

Trotz des strahlenden Sonnenscheins versammelten sich ca. 75 interessierte Studentinnen und Studenten, Professoren und Dozenten in dem Auditorium. Nach einer Einleitung durch den Dekan Prof. Michael Goretzky und kurzen Vorträgen von Amit, Hasmukh und mir, wurde das Publikum dazu aufgefordert über Instagram abzustimmen, ob Nachhaltigkeit beim Shoppen eine Rolle spiele – leider kam dabei heraus, dass dies selbst unter den StudentInnen nicht wirklich der Fall ist und dass das Design eine größere Rolle spielt.

Zertifizierung auf dem Prüfstand

Anschließend begann die Podiumsdiskussion um 14.30 Uhr mit Fragen zu den Themen Fairtrade, Massenkonsum vs. Slow Fashion sowie Zertifizierung im Allgemeinen. Es wurde darüber diskutiert, ob es sich Unternehmen zu einfach machten, indem sie sich auf eine externe Zertifizierung verließen und ob es vielleicht besser wäre, eigene Nachhaltigkeits-Codes zu implementieren. Zusammen mit Amit erklärte ich, dass externe Standards kein Weg seien, um es Unternehmen leichter zu machen, sondern eher im Gegenteil, dass eine Zertifizierung durch eine unabhängige Partei viel Arbeit bedeute sowie die kritische Auseinandersetzung mit der jeweiligen Lieferkette.

Herr Knobel argumentierte, dass Mey auf Bio-Qualität setze und die Produktion hauptsächlich in europäischen Betrieben stattfinde, die den europäischen Kernarbeitsnormen entsprächen und somit keine weitere Zertifizierung benötigten.

Ein weiteres Thema war die Zusammenarbeit mit Discountern und ob dies einen Widerspruch in Bezug auf nachhaltige Beschaffung und faire Löhne darstelle. Bezüglich Fairtrade konnten wir dies verneinen, da sich Discounter an genau dieselben Standards halten müssen wie alle anderen Unternehmen. Amit Narke unterstützte dieses Argument, indem er klarstellte, dass die Menge den Unterschied mache. Er würde zum Beispiel einen Babybody für Stella McCartney für 5 Euro produzieren und für Johnson & Johnson dasselbe Produkt für 2 Euro auf Grund der geforderten Volumen.

Auch Hasmukh wurde befragt, ob er durch seinen Werdegang bei Purecotz eine Inspiration für sein Umfeld sei. Er hatte als Näher bei Purecotz angefangen, arbeitet mittlerweile als Floor Supervisor und lernt Englisch in einem Sprachkurs. Hasmukhs Familie ist sehr stolz auf ihn und er sagte, er hätte niemals gedacht, dass er jemals nach Deutschland reisen würde.

Mehr Aufklärung im Siegeldschungel

Während der Diskussion kam heraus, dass sich Konsumenten in dem sogenannten Siegeldschungel nicht mehr zurechtfinden und sich mehr Aufklärung zu den einzelnen Initiativen wünschen. Wir stimmten zu, dass vielleicht noch mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden müsse.

Am Ende waren wir sehr positiv über das Interesse und Engagement der einzelnen StudentInnen überrascht, die sich mehr Informationen und Kurse zum Thema Nachhaltigkeit im Bereich der Textilien wünschten. Die Veranstaltung war sehr gut organisiert und wir hoffen, dass sie auch als Inspiration für die zukünftigen DesignerInnen und EntscheidungsträgerInnen diente.