geschrieben von: Daniela Aichmann, 02.01.2024

Im Oktober 2023 machte ich mich auf den Weg nach Neu Delhi, Indiens Hauptstadt. Sie ist Schauplatz der allerersten Fairtrade India Konferenz und Verleihung der Fairtrade Awards! (Fairtrade India)

Ko-finanziert von der Europäischen Kommission (EC) im Rahmen des „Switch Asia“ Projektes kamen für 2 Tage ca. 150 Gäste zusammen, vor allem indische Stakeholder*innen aus der Fairtrade Bewegung, um sich auszutauschen, spannende Ideen und Erfahrungen zu teilen und auch ein bisschen zu feiern (Fairtrade in India: Sustainability, Markets and Impact Conference and Recognition Event 2023: More than 150 delegates and 50 speakers attended this event and gained meaningful insights at the conference held at New Delhi, India! – Fairtrade Network of Asia & Pacific Producers (fairtradenapp.org) Für mich war es unglaublich inspirierend, aus „erster Hand“ von Produzent*innen aus ganz Indien zu hören, welche Bedeutung Fairtrade für sie ganz konkret hat und welchen Unterschied das für die Menschen vor Ort macht! Sei es die Förderung von Frauen in Kooperativen, Unterstützung bei der so nötigen Anpassung an Klimawandelfolgen oder der Einsatz moderner Technologien auf Farmen (smarte Wetterstationen, GPS, Drohnen…).

Dank der Förderung der EC werden mit dem Switch Asia Projekt über 4 Jahre indische Baumwollbäuerinnen und -bauern bei umweltfreundlicheren Produktionsmethoden unterstützt – Stichwort CO2- Fußabdruck – und gleichzeitig Bewusstsein für nachhaltige Baumwolle bei europäischen Fashion Brands geschaffen. Dies mit dem Ziel, langfristig mehr nachhaltige (faire, biologische) Baumwolle aus Indien (der größte Bio- Baumwollproduzent der Welt) auf dem europäischen Markt verfügbar zu haben.

 

 

 

 


Fairtrade- zertifizierte indische Produkte

auf dem indischen Markt.

Im Anschluss an das intensive Netzwerken und die tolle Feier zur Verleihung der Fairtrade Awards (siehe Foto) ging es für mich weiter in Richtung Süden in den Bundesstaat Telengana, wo ich in Begleitung meiner Kolleg*innen von Fairtrade NAPP, der Fairtrade Produzierendenvertretung in Asien, Menschen am Anfang der Lieferkette kennenlernen durfte!

In allen besuchten Orten wurden wir unfassbar herzlich willkommen geheißen (mit musikalischen und tänzerischen Darbietungen, in festlicher wunderschöner traditioneller Kleidung der Baumwollbäuerinnen usw.) und konnten hautnah erleben, wie die indigenen Bäuerinnen und Bauern leben, wie der biologische Baumwollanbau funktioniert und welch große Herausforderungen die Menschen täglich bewältigen!

Die Eindrücke, die ich auf Baumwollfeldern sammeln durfte, werde mir definitiv noch lange in Erinnerung bleiben! Man bekommt eine leise Ahnung davon, was es heißt, diese harte Arbeit auf den Feldern in der brennenden Sonne (subtropische Zone!) zu verrichten, die manuelle Arbeit, die der biologische Anbau verlangt (zur Schädlingsbekämpfung werden etwa Insektenfallen aufgestellt und Larven von Schädlingen eingesammelt), die großen Schwierigkeiten, die veränderte Wetterbedingungen mit sich bringen („wenn Regen für das Wachstum der Baumwollpflanzen dringend gebraucht würde, bleibt es trocken – und ausgerechnet kurz vor der Ernte im Herbst/ Winter, wenn es trocken sein soll, regnet es“). Aus erster Hand wurde mir im Gespräch mit den Bäuerinnen und Bauern erklärt, wie stark sie hier die Folgen des Klimawandel zu spüren bekommen! Und das, obwohl sie selbst kaum mit CO2 Ausstoß zu dem Veränderungen beigetragen haben!

Fairtrade verbessert die Situation der Farmer*innen, wovon ich mich vor Ort selbst überzeugen konnte! Mit Mitteln aus der Fairtrade Prämie, ein Aufschlag, den die Menschen zusätzlich zu den Erlösen aus der Baumwolle bekommen, konnten die Dorfgemeinschaften etwa Bio- Gemüsegärten und Sanitäranlagen für Schulkinder errichten. Anderswo wurden aus diesen Geldern Lagerhäuser für die geerntete Baumwolle finanziert, die den Bäuerinnen und Bauern mehr Sicherheit (trockene Lagerung) und Flexibilität (beim Verkauf der Ernte) bieten oder z.B. ein Trainingscenter für Bäuerinnen und Bauern eingerichtet, das für Weiterbildungen zu nachhaltigen Anbaupraktiken genutzt wird. Auch die Anschaffung von solarbetriebenen Straßenlaternen für das Dorfzentrum aus Fairtrade Geldern verbessert unmittelbar die Situation der Menschen vor Ort und sorgt für mehr Sicherheit nach Sonnenuntergang.

Vor Ort wird in den Kooperativen demokratisch entschieden, was am dringendsten gebraucht wird und wo die Prämiengelder investiert werden. Es war deutlich zu spüren, dass hier ein für Konsument*innen in Deutschland vielleicht manchmal abstraktes Siegel für die Menschen am Anfang der Lieferkette einen ganz entscheidenden Unterschied macht! Die Bäuerinnen und Bauern entscheiden selbstbestimmt und gemeinsam über ihre Zukunft!

Neben den vielen Begegnungen mit inspirierenden, wunderbaren Menschen und den Einblicken in eine wahnsinnig spannende Kultur bleibt vor allem die klare Überzeugung: Fast Fashion muss ein Ende haben – jetzt!