Nachdem wir in den letzten Tagen eine Teeplantage in Darjeeling besucht haben, die schon längere Zeit Fairtrade-zertifiziert ist, waren wir heute bei zwei Teegärten der Firma Chamong. Chamong ist der größte Exporteur von Darjeeling-Tee, besteht aus insgesamt 13 Teegärten und verkauft große Mengen Tee nach Deutschland. Während Chamong schon seit vielen Jahren ausschliesslich Bio-Tee anbaut, sind die Absätze über Fairtrade momentan noch sehr gering – auch wenn alle 13 Teegärten zertifiziert sind.

Allgemein hat es Fairtrade in Darjeeling nicht ganz leicht: Das Land gehört der Regierung von West Bengalen und wird von den Teefirmen nur gepachtet. Die Qualität des Tees ist meist sehr hoch, so dass ein Mindestpreis hinfällig ist. Zudem gibt es viele staatliche Regulierungen und Tarifverträge, die bewirken, dass letztendlich alle Arbeitnehmer in Darjeeling mehr oder weniger das Gleiche verdienen, egal ob Fairtrade oder nicht. Auch bringen die Umweltaspekte in den Fairtrade-Standards keinen Mehrwert, wenn bereits eine Bio-Zertifizierung vorliegt. Es bleibt also vor allem das Instrument der Fairtrade-Prämie, um die Lebensbedingungen der Arbeitnehmer zu verbessern und die Entwicklung der Region voranzutreiben.

Der Teegarten Soom unweit von Darjeeling Town.

Heute Morgen ging es nun also zu Chamong, genau genommen zunächst zum Teegarten Soom, unweit von Darjeeling Town in Indien gelegen. Ich war gespannt, welche Bedeutung Fairtrade hier hat, wo nur einstellige Prozentanteile an Tee über Fairtrade verkauft werden. Vielleicht spielen andere Zertifizierungen wie Rainforrest Alliance, was Chamong auch hat, vielleicht sogar eine größere Rolle? Beim Gespräch mit dem Joint Body, dem Gremium welches für die Verwendung der Fairtrade-Prämie zuständig ist, hat sich jedoch herausgestellt, dass Fairtrade schon sehr wichtig ist, wenn auch die Bio-Umstellung zunächst einen viel größeren Effekt für Umwelt und Arbeiter hatte.

Aufgrund der geringen Prämiensummen konnte bisher vor allem nur ein Projekt bei Soom realisiert werden: Alle Arbeitnehmer haben Gaskocher und Gasflaschen bekommen. Das spart lange Wege zum Feuerholz holen, ist deutlich besser für die Umwelt und letztendlich auch für die Gesundheit der Teearbeiter und deren Familien.

Nach dem Gespräch mit dem Joint Body von Soom und der Teeverarbeitungsanlage haben wir uns auf den Weg zu einem anderen Chamong-Teegarten gemacht: Shree Dwarika. Im Geländewagen des Managers von Soom ging es eine Stunde auf holprigen Straßen durch die Teegärten. Einige hundert Meter weiter im Tal, auf der anderen Seite eines Flusses, waren wir dann bei Shree Dwarika. Dies ist der neueste Teegarten von Chamong und er wurde erst vor ein paar Jahren in einem desolaten Zustand übernommen. Seitdem wird hier alles dafür getan, hochwertigen Tee zu produzieren. So kamen wir an zahlreichen Gebieten vorbei, in denen neue Pflanzen angepflanzt wurden – sie werden erst in vier Jahren das erste mal geerntet werden können.

Auch bei Shree Dwarika stand ein Gespräch mit Management und Arbeitnehmern an. Der Präsident des Joint Bodys, Rajesh Tamong (s. Titelbild), erzählt uns, wie stolz er ist, in dem Teegarten zu arbeiten, in dem er groß geworden ist, und dass er jetzt im Joint Body die Menschen aus den elf Dörfern von Shree Dwarika vertritt. Neben dem Gaskocher-Projekt, welches auch hier umgesetzt wurde, steht als nächstes der Bau von Toilettenhäuschen in der Nähe der Felder an. Aber hier muss noch mit Regierung und dem Management von Chamong verhandelt werden, da die Fairtrade-Prämie momentan noch nicht reicht, das Projekt umzusetzen.

Hier sieht man mich gemeinsam mit Rajesh Tamong (rechts), dem Präsidenten des Joint Bodys

Interessant war bei der Shree-Dwarika-Plantage der Vergleich zu den Kleinbauern, die wir in den letzten Tagen kennen gelernt haben. Auch wenn die Arbeiter bei Shree Dwarika die Möglichkeit haben, nahe ihrer Dörfer andere Nutzpflanzen anzubauen, so nutzen nur sehr wenige der Arbeiter diese Möglichkeit. Das war bei den Kleinbauern ganz anders. Vermutlich liegt hier das geringe Interesse am Eigenanbau daran, dass Lebensmittel relativ günstig in der Nähe gekauft werden können und dass andere Familienmitglieder Arbeit in der Stadt haben und so über genug Geld verfügen.

Im laufe des Tages musste ich mich der Frage von Joint Body-Mitgliedern stellen, ob denn ein Steigen der Fairtrade-Absätze und der Prämien zu erwarten ist. Ich konnte nur sagen, dass wir uns große Mühe geben, dass aber noch ein langer Weg vor uns liegt. Wollen wir hoffen, dass in Zukunft mehr Menschen Fairtrade-Tee verlangen und einige der durchaus großen deutschen Teehändler, die momentan Tee von Chamong beziehen, diesen in Zukunft über Fairtrade kaufen. Die Voraussetzungen stehen und ich habe den Eindruck, dass Management und Joint Bodies sehr bemüht sind, an der Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter zu arbeiten.

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