Gemeinsam mit Mitgliedern des Vorstandes von Fairtrade Deutschland, des Aufsichtsrates sowie Vertreter*innen von Mitgliedsorganisationen konnte ich Mitte September an einer Studienreise nach Ghana teilnehmen. Für mich war es zugleich der erste Aufenthalt in Ghana, aber auch auf dem afrikanischen Kontinent. Entsprechend neugierig war ich auf die Eindrücke, die uns dort erwarten werden. Vorbereitet wurde ein umfangreiches Programm mit u.a. einem Besuch bei Fairtrade Afrika – West Afrika Netzwerk, ausgewählten Kooperativen sowie Projekte, wie das Living Income Projekt mit REWE.

Start mit einem Briefing durch das FTA WAN

Was ist eigentlich das West Afrika Netzwerk? Welche Produkte werden produziert? Wie ist die Arbeitsweise? Welche Projekte und Ziele stehen an? Ehrlicherweise wusste ich bis zum Beginn der Reise nichts vom West Afrika Netzwerk, geschweige denn von deren Arbeitsweise. Es startete für mich also mit einer beeindruckenden Informationsflut. Das West Afrika Netzwerk ist eine von vier Abteilungen von Fairtrade Afrika. FTA WAN unterstützt die Produzent*innen von u.a. Kakao, Bananen und Ananas, vertritt deren Interessen und führt Projekte und Trainings durch.  Die Produktion hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, leider aber nicht durchgehend mit Fairtrade zertifizierten Produkten, da mit Mondelēz ein Großabnehmer sich entschieden hat die Produkte nicht mehr durch Fairtrade zertifizieren zu lassen. Die Produzent*innen können hierdurch weniger Produkte zu Fairtade-Bedingungen verkaufen und bekommen einen niedrigeren Preis und entsprechend weniger Fairtrade Prämie. Hier zeigt sich deutlich die Marktmacht von Großkonzernen, da die Menschen in Ghana natürlich lieber für weniger Geld als gar nicht verkaufen. Dies muss durch uns Konsument*innen durchbrochen werden, indem wir soweit möglich nur auf zertifizierte Produkte zurückgreifen.

Ein weiteres angesprochenes Problem war der Klimawandel, der die Produzent*innen direkt trifft wenn es sich auch unterschiedlich zeigt, wie bspw. durch einen geringeren Niederschlag oder die Verschiebung der Regenzeit. Die Auswirkungen für die Produzent*innen ist dabei immer gleich: die Ernte verändert sich. Dies natürlich nicht zum Positiven. Ein Ansatz dem zu begegnen, der auch durch Fairtrade unterstützt wird, ist die Diversifizierung der angebauten Produkte, damit es ein auskömmliches Einkommen für die Bäuerinnen und Bauern und ihre Familien geben kann.

Besuch der Abakoase Society

Ein besonders beeindruckendes Erlebnis war der Besuch direkt bei den Produzent*innen. Eine Fahrt führte uns hierbei zur Abakoase Society, Teil der Fanteakwa Kooperative, wo Kakao angebaut wird. Dort angekommen wurden wir sehr herzlich und mit einer unglaublichen Gastfreundschaft empfangen. Dies sowohl durch den örtlichen Chief als auch von den Farmern selbst. Hierbei wurde auch eine neue Wasserstelle eingeweiht, die durch Fairtrade-Prämien und das Living Income Projekt von REWE mitfinanziert wurde.

 

Um einen intensiven Kontakt sowohl für uns aber auch die Menschen vor Ort zu ermöglichen, haben wir uns als Gruppe noch einmal aufgeteilt. So wurden wir jeweils zu zwei bzw. dritt von einer Familie nach Hause zum Essen eingeladen. Dort konnten wir in einen intensiven Austausch treten. Nicht ohne Stolz wurden wir durch die Farmer*innen auch auf ihre Kakaofarmen mitgenommen und haben dort einen direkten Einblick in die Kakaoproduktion bekommen: Frucht ernten, öffnen, fermentieren und trocknen. Dies alles in Handarbeit.  Das dies eine anstrengende und umfangreiche Arbeit ist, war mir vorher bereits bewusst. Und dabei ist der Transport über Kilometer durch Muskelkraft noch gar nicht erwähnt. Die Abläufe mit eigenen Augen zu sehen, lässt mich die Arbeit der Menschen noch mehr wertschätzen. Ich für meinen Teil kann zumindest sagen, dass ich Schokolade zukünftig anders genießen werden und dabei auch an die Menschen in Ghana denken werde.

 

Und sonst noch?

Die beiden ausgewählten Besuche waren natürlich nicht alles. Ein wenig Sightseeing in Kumasi und Accra war ebenso Teil der Woche, wie noch weitere Projekte. Wir haben die Kuapa Kokoo Co-operative und einzelne der Farmer besucht. Durch die Fairtrade Prämie werden hier z.B. soziale Gemeinschafts- und Frauenförderprojekte finanziert. Wir waren in einem Laden der Global Mamas, die z.B. handgebatikte Textilien und Shea-Butter mit traditionellen Techniken erstellen. Die Fabrik von HPW Fresh and Dry und die dortige Produktion von Trockenfrüchten konnten wir ebenso besuchen. Durch Fairtrade wurde der Bau eines Kindergartens für die Kinder der Mitarbeitenden unterstützt. Hierdurch ist es v.a. für junge Mütter weiter möglich eigenes Geld zu verdienen. Und es gäbe sicherlich noch so viel mehr zu berichten….

Ein persönliches Fazit

Nachdenklich bin ich von der Reise zurück nach Deutschland zurückgekehrt. Ich habe viel über den Fairen Handel und die Arbeit von Fairtrade in Ghana lernen dürfen. Ich konnte sehen, wie die Arbeit von Fairtrade bei den Menschen vor Ort direkt, aber auch indirekt eine Wirksamkeit entfaltet und v.a. wie froh und dankbar die Menschen hierüber sind. Selten wurde ich so herzlich von mir bisher fremden Menschen willkommen geheißen und aufgenommen. Ich habe aber auch gesehen, dass es noch viel zu tun gibt auf dem Weg zu einer globalen Gerechtigkeit.

Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit zur Teilnahme an dieser Reise erhalten habe und damit auch meinen eigenen Horizont erweitern konnte sowie neue Perspektiven gewinnen konnte. Nach dieser Reise kann ich nun keine Schokolade mehr essen oder einen Kakao trinken ohne an die Menschen in Ghana zu denken.

 

Beitragsautor: Volker Andres, BDKJ Köln