Die Highrange Organic Women Fairtrade Farmers Association ist die erste ausschließlich von Frauen geführte Kaffeegenossenschaft Indiens – einem Land, in dem Frauen bis heute extrem benachteiligt werden.

99 Frauen schwimmen gegen den Strom
In Indien dürfen Frauen traditionell weder Land besitzen, noch ihr erwirtschaftetes Einkommen für sich selbst behalten – alle Grundrechte und Privilegien liegen in männlicher Hand. Die Highrange Organic Women Fairtrade Farmers‘ Association (HOWFFA) stellt sich dem entgegen. Bei der Frauenkooperative haben die Männer – Ehemänner oder gesetzliche Betreuer der Frauen – Erklärungen unterzeichnet, dass die Frauen Eigentümerinnen des von ihnen bewirtschafteten Landes sind. Außerdem erhalten und verwalten allein die Frauen den Erlös aus dem Verkauf ihres Kaffees. Das macht HOWFFA zu einer regelrecht revolutionären Kooperative, die die traditionellen Geschlechterrollen in Indien auf den Kopf stellt.

In der Vollversammlung von HOWFFA werden alle wichtigen Entscheidungen demokratisch gefällt.

HOWFFA wurde 2018 im Western Ghats District von Kerala gegründet und bereits ein Jahr später Fairtrade zertifiziert. Heute gehören 99 Kaffeebäuerinnen der Kooperative an, die hauptsächlich hochwertigen Robusta-Kaffee für den Export produzieren. Um ihr Einkommen zu verschiedenen Jahreszeiten zu gewährleisten, haben die Frauen ihre Anbauprodukte diversifiziert. Neben Kaffee bauen sie auch Früchte wie Mango und Guave sowie Fairtrade-zertifizierte Gewürze wie Pfeffer, Muskat, Nelken und Kardamom an, die sie jedoch bisher nur auf dem lokalen Markt verkaufen.

Mit Fairtrade gegen Perspektivlosigkeit
Im Bundesstaat Kerala wird Kaffee bereits seit langem angebaut. Doch aufgrund der enormen Preisschwankungen auf dem internationalen Kaffeemarkt wechseln viele Bauern ständig ihre Anbauprodukte, immer auf der Suche nach höheren Gewinnen. Das vermindert wiederum ihre Produktivität – und ihr Einkommen.
Fairtrade bietet ein Gegenmodell zum konventionellen Kaffeehandel, das den Produzent*innen Stabilität bietet. Durch die Fairtrade-Zertifizierung erhalten die Kaffeebäuerinnen von HOWFFA einen stabilen Mindestpreis und eine zusätzliche Fairtrade-Prämie, die direkt an die Produzentinnen gezahlt oder in Schulstipendien für die Ausbildung der Kinder der Kooperative angelegt wird. Außerdem erhalten die Bäuerinnen Schulungen zu ökologischem Anbau und Qualitätsmanagement, um ihre Kaffeeproduktion nachhaltig auf sichere Füße zu stellen.


Die aktuellen Herausforderungen sind groß
Die Corona-Pandemie hat auch die Region Western Ghats schwer im Griff: Die Krankenhäuser sind überfüllt, wenn jemand erkrankt, wird er nach Hause geschickt. Da in Indien viele Generationen unter einem Dach leben, erkrankt im Falle einer Infektion oft die ganze Familie.
Zum Glück konnten alle Produzentinnen der Kooperative geimpft werden. Durch Max Havelaar France (die nationale Fairtrade-Organisation von Frankreich) und das asiatische Fairtrade-Produzentennetzwerk NAPP wurden die Frauen von HOWFAA zusätzlich mit Handdesinfektionsgel, Masken und medizinischer Ausrüstung ausgestattet.

Der Klimawandel ist eine weitere große Herausforderung für die Kaffeebäuerinnen. Während es früher verlässlich nur im Juni geregnet hat, sind die Wettermuster heute völlig unberechenbar geworden. Das macht den Kaffeeanbau schwieriger denn je – auch wenn die bei HOWFFA hauptsächlich angebaute Robusta-Kaffeepflanze etwas unempfindlicher gegenüber klimatischen Schwankungen ist als ihre Schwester, die Arabica-Kaffeepflanze.

Gesucht: Marktzugänge für die Frauen von HOWFFA
Um sich den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu stellen, brauchen die Frauen von HOWFFA vor allem eines: finanzielle Spielräume, die ihnen Investitionen in die Zukunft ihrer Kooperative ermöglichen. Doch in Indien haben Frauen keinen Zugang zu Krediten. Für Finanzgeber ist es schwierig zu verstehen, dass die Frauen die Eigentümerinnen ihres Landes und diejenigen sind, die das Geld erhalten und verwalten. Umso wichtiger ist es darum für die Frauen von HOWFFA, weitere Marktzugänge für ihren Kaffee zu eröffnen, langfristige Verträge mit Handelspartnern abzuschließen und so finanzielle Stabilität zu erlangen. Und mit zunehmendem Erfolg kann die Frauenkooperative vielleicht sogar dazu beitragen, die Rolle der Frau in der indischen Gesellschaft zu revolutionieren.

 

Unser Dankeschön geht an
Sheena Susan Varghese, Präsidentin der Highrange Organic Women Fairtrade Farmers‘ Association (HOWFFA), die uns die Informationen zu ihrer bemerkenswerten Kooperative, Bildmaterial und Zitate der Kaffeebäuerinnen zur Verfügung gestellt hat.