…hätte das Ergebnis sein können, wären wir im Achtelfinale der WM auf Brasilien gestoßen. Die neun Tore wären sicherlich nicht zu unseren Gunsten gefallen. Aber wir sind raus aus dem Turnier und daher ist Platz für die wirklich wichtigen Themen: Fairtrade-Bananen.

Wenn wir heute durch die Supermärkte in Deutschland gehen, haben wir gute Chancen dort Fairtrade-Bananen zu finden. Was all diese Bananen gemeinsam haben? Sie sind natürlich nicht nur fair gehandelt, sondern sie tragen auch alle das Bio-Siegel. 75% aller Bio-Bananen in Deutschland sind Fairtrade. Das ist eine tolle Entwicklung, von der aktuell viele Bananen-Kleinbauern und ArbeiterInnen auf Plantagen, profitieren.

Aber welches Bild zeigt sich, wenn wir uns nicht nur Bio-Bananen anschauen, sondern auch alle anderen Bananen, die in deutschen Supermärkten verkauft werden?

Das Ergebnis: 1:9

Kooperative Coobamag

Nur eine von 10 Bananen in Deutschland trägt das Fairtrade-Siegel. Der Grund? Es gibt bei uns keine konventionellen Fairtrade-Bananen, sondern nur Bio-Fairtrade Bananen. Aber sollten Kleinbauern und ArbeiterInnen nicht immer von besseren Einkommen und stabileren Löhnen profitieren, egal ob biologischer oder konventioneller Anbau? Ja sollten sie und genau aus diesem Grund habe ich mich auf den Weg nach Kolumbien gemacht, um mit Kleinbauern und ArbeiterInnen über Fairtrade, den konventionellen Bananenanbau und die Herausforderungen zu sprechen. Los geht es in der Region Magdalena, im Norden Kolumbiens, in der sich viele Kleinbauern-Kooperativen befinden. Sie alle haben eine schwere Vergangenheit, geprägt durch Jahrzehnte des Bürger Kriegs und Guerilla-Gruppen (Guardian Artikel, 2018). Dass sich das Leben durch die Fairtrade-Zertifizierung verändert hat, bestätigten mir alle Kooperativen, die ich getroffen haben. An meinem ersten Tag in Kolumbien haben wir ein großes Treffen und alle stellen stolz die Projekte vor, die Dank der Fairtrade-Prämie realisiert werden konnten. Ein großer Fokus liegt auf der Jugend in den Dörfern, um sie von den Straßen wegzuholen, ihnen Perspektiven zu geben. Viele Mädchen hier haben bereits mit 15 Jahren zwei Kinder. Aus diesem Grund investieren die Kooperativen in kostenlosen Sport-, Musik- und Tanzunterricht und in Bildung. Und das mit großem Erfolg: Viele Kleinbauern können ihren Kindern ein Studium an den Universitäten in Santa Marta ermöglichen. Andere Kinder und Jugendliche nehmen regelmäßig an nationalen sowie internationalen Tanzveranstaltungen und Sportwettkämpfen teil. Es gibt sogar ein Gemeinschaftsprojekt der Kooperativen – eine Schule für Kinder mit Behinderungen.

Starke Persönlichkeiten

Richard Padilla Duran

Ich treffe Ruth Marina Osias Perez und Richard Padilla Duran. Ruth ist Kleinbäuerin in der Kooperative Coobafrío, alleinstehend und hat vier Kinder. Eine Tochter arbeitet heute als Anwältin in Santa Marta und ein Sohn studiert Medizin. Sie sagt, ohne den fairen Handel wäre das nicht möglich gewesen, sie hätte ihm viel zu verdanken. Richard, ebenfalls Kleinbauer, verheiratet und vier Söhne (14-24 Jahre), ist Mitglied in der Kooperative Emprebancoop. Richard hat mit 0,80 Hektar eine eher kleine Fläche Land auf der er Bananen anbaut und obwohl er bisher nur 30-35% seiner Ernte als Fairtrade verkaufen kann, ist er von Fairtrade überzeugt. Sein ältester Sohn Oswaldo studiert in Santa Marta „Kino und audiovisuelle Medien“ und sieht seine Zukunft in der Animationsbranche. Dank Fairtrade konnte Richard auch Umbaumaßnahmen am Haus vornehmen: Ein richtiger Boden statt Lehmuntergrund, ein Badezimmer und eine Küche.

Kein Bio-Siegel, aber nahe dran

Neben den zahlreichen sozialen Projekten in den Kooperativen, beeindruckt vor allem auch das Projekt zur Produktivitätssteigerung, an dem einige Kooperativen in der Region Magdalena teilnehmen. Ziel ist, die Wettbewerbsfähigkeit der Kooperativen zu den großen Bananen-Plantagen zu steigern, die durch ihre Größe wesentlich günstiger produzieren können und besseren Zugang zu Wissen und Technologie haben. Initiiert durch die CLAC und finanziert durch Gelder aus dem Fairtrade-System, liegt der Fokus des Projekts darauf, die Bodenfruchtbarkeit durch organische Düngemittel zu erhöhen und damit die Produktivität, das Einkommen und die Lebensqualität.

Und das hat geklappt – beeindruckend sind die Ergebnisse zwei Jahre nach Projektstart: 35 Kooperativen in 7 Ländern weisen eine durchschnittliche Produktivitätssteigerung von 29% auf. Wie stolz die Produzenten auf das Projekt sind merke ich bei jedem Treffen. Ich sehe die großen Tanks in denen diverse organische Materialien fermentiert werden – Mangos, Blätter, nährstoffreicher Boden aus der nahegelegenen Sierra Nevada und was sonst noch alles in der Region zu finden ist. Hier steckt viel Wissen und Komplexität drin. Das alles war verloren gegangen. Agrochemikalien haben das Wissen und diese natürliche Behandlung der Natur zur Seite gedrängt. Gut, dass dieses Projekt das Blatt wieder wendet. Der organische Dünger ist nicht nur unglaublich effektiv, er ist für die Kleinbauern auch wesentlich günstiger als die chemischen Substanzen. 100% biologisch produzieren geht leider trotzdem nicht, aber viele Kleinbauern sind nah dran, nutzen ausschließlich den organischen Dünger.

 

Noch mehr spannende Eindrücke

Neben einem Workshop zur Berechnung der Produktionskosten der Kleinbauern, gibt es auch einen Austausch mit der „Alianza Ambiental Sostenible Sierra Nevada“ (AASS). Ein spannendes Projekt, dass Fairtrade-Produzenten für Kaffee und Bananen aus einer Region zusammenbringt, um gemeinsam die Umwelt und das Klima zu schützen. In Zusammenarbeit mit der CLAC und lokalen Akteuren wurden bereits viele Workshops und Veranstaltungen organisiert, um z.B. über Wasserschutz oder Müllentsorgung aufzuklären und Bewusstsein zu schaffen, die Erde mit Sorgfalt zu behandeln. Auch Projekte zur Wiederaufforstung in der Bergkette Sierra Nevada realisiert dieses Bündnis.

Aus erster Hand zu erfahren, wie Fairtrade vor Ort wirkt ist unglaublich bereichernd. Jetzt müssen wir daran arbeiten, dass die Bananen von Ruth, Richard und den anderen Produzenten ihren Weg nach Deutschland finden.

Vor diesem Hintergrund startet Ende August die Kampagne zum Banana Fairday: Ziel ist, die Supermärkte zu überzeugen ausschließlich fair gehandelte Bananen anzubieten. Bananen sollten nicht länger unter Wert verkauft werden. Auch du kannst das beeinflussen: Fordere mehr Fairtrade im Bananenregal und nominiere einen Supermarkt, der als Vorreiter sein gesamtes Sortiment auf Fairtrade-Bananen umstellt!

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