Ein Mann sitzt beim Friseur und bekommt die Haare geschnitten.

Marcomms 2018 – die internationale Welt des fairen Handels

Geschrieben von Hannah Maidorn

Gerade erst ins Pressevolontariat bei TransFair e.V. gestartet, durfte ich gleich in der zweiten Woche eintauchen, in die internationale Welt des fairen Handels. Eine Woche auf der Marketing and Communication Tagung in Bonn – kurz Marcomms. Wie’s war? Hier erzähle ich von meinen Highlights der Woche!

Ins kalte Wasser geworfen

„Noch keine Woche im Amt und schon der erste Staatsbesuch“, würde es bei Politikern vermutlich heißen. Ich dagegen habe immerhin schon eine Woche als neue Volontärin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit absolviert, als ich am Montag zur großen Marketing and Communication Tagung – kurz Marcomms – aufbreche. Da ich für Städte- oder Urlaubstrips meist einen Reiseführer dabei habe, diesen aber doch erst frühestens auf der Hinfahrt zum geplanten Ziel aufschlage, halte ich es diesmal von vorneherein simpel: Ich kenne die Agenda und lasse mich ansonsten einfach überraschen …

B2 – was?

Mit etwas Verspätung kommen meine Kollegen und ich am Montagmittag in Bonn an. Der Tagungsraum ist gut gefüllt und die Begrüßung ist gerade vorbei. Das große Thema des ersten Tages, das gerade für mich als Neuling interessant klingt: Wie kann Fairtrade noch stärker als Marke wahrgenommen werden und welche Schwerpunkte setzen wir 2019? Während Abkürzungen wie B2B (Business to Business), PN (Producer Network) oder NFO (national Fairtrade Organisation) durch den Raum fliegen, kommt eine Botschaft ganz ohne Akronyme aus: „Fairtrade soll politischer werden, sich stärker positionieren und gemeinsam mit Wirtschaft und Politik Alternativen im Handel finden, ohne Konflikte zu scheuen“, so der Plan für die Zukunft. Als Sandwichkind, aufgewachsen mit drei Geschwistern, fühle ich mich dieser Herausforderung – um nicht zu sagen diesem strategischen Drahtseilakt – durchaus gewachsen, sehe aber gleichzeitig die Schwierigkeiten.

Diese werden spätestens mit einem Blick in die Runde klar: Hier sitzen Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt – aus Kanada, den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Südafrika, Kenia, Australien, Schweden, Dänemark und Frankreich. Alle eint das Ziel, die Welt, insbesondere den Handel, ein Stückchen fairer zu gestalten. Dass es darüber hinaus große Unterschiede, gerade aus Sicht der Konsumenten, gibt, zeigt schon das Fairtrade-Siegel. Mal ist das Logo, das auf diversen Schokotafeln und Saftverpackungen prangt, weiß, mal schwarz, mal steht der Name der Organisation drunter und mal nicht. Gleiches gilt für die Namen: Während Fairtrade in Deutschland TransFair e. V. heißt, verbirgt sich in den Niederlanden Max Havelaar hinter dem Logo und in Großbritannien die Fairtrade Foundation. Auch die Märkte unterscheiden sich, sodass die Kunst darin besteht, globale Strategien national zu denken, ohne dabei das große Ganze aus dem Blick zu verlieren – eben doch ein Drahtseilakt.

„Wie lange würdest du für 67 Cent arbeiten?“

Zum Glück gibt es Treffen wie diese, denke ich mir, an denen Mailadressen plötzlich Gesichter bekommen und ein gewisser Teamspirit aufflammt: Hier brennt jeder für Fairness – egal ob auf Spanisch, Englisch oder Flämisch. Neben Teamspirit und Strategiebesprechung geht es aber vor allem ums Networking. Auch wenn weniger Visitenkarten hin- und hergeschoben werden, sondern Ideen und aktuelle Arbeitsschwerpunkte der einzelnen Länderorganisationen im Mittelpunkt des Austauschs stehen: Die belgischen Kollegen stellen beispielsweise ihre aktuelle Kampagne vor, die die Zuschauer provokant fragt: „Wie lange würdest du für 67 Cent arbeiten?“ So wenig bekommt ein Kakaobauer in Westafrika für einen ganzen Tag Arbeit. Eine Botschaft, die trotz Sprachbarriere klarer nicht sein könnte und nachhaltig zum Nachdenken anregt. Auch die Reise mit YouTuber und Influencer Felix von der Laden in Produzentenländer, die Kollege Daniel Caspari (Team Germany) vorstellt, löst große Begeisterung aus. Schließlich zeigt sie, wie junge Zielgruppen für fairen Handel begeistert werden können.

Ein Mann sitzt beim Friseur. Ihm wurde nurein Teil des Kopfes rasiert.
„Wie lange würdest du für 67 Cent arbeiten?“

Ein Ausflug nach Krisistan – wenn’s plötzlich brennt

Weil gute Kampagnen und Projekte – so viel weiß ich als angehende Presseexpertin auch in Woche zwei schon – leider nur einen Teil der Arbeit ausmachen, dreht sich in der zweiten Tagungshälfte alles um das Thema KRISE. Was ist eine Medienkrise und wie gehen wir damit um? Mithilfe von Medientrainerin Monika Hoegen und eines Rollenspiels befinden wir uns plötzlich in Krisistan – einem fiktiven Land, das spätestens aus Josés spanischem Mund nur noch halb so schrecklich, dafür durchaus amüsant klingt. Das Szenario, ist dagegen gar nicht witzig: Wir üben den Umgang mit einem Shitstorm, wie er im Buche steht. In unserem Rollenspiel hat eine Studie schlechte Arbeitsbedingungen auf einer durch Fairtrade-zertifizierten Teeplantage festgestellt und wir bekommen eine kritische Medienanfrage nach der anderen. Gemeinsam arbeiten wir an Pressestatements und einer möglichen Krisenkommunikation, die vor allem eins sein soll: Ehrlich und transparent. Unter Zeitdruck versuchen wir herauszufinden, was auf der Teeplantage vorgefallen ist und wie wir Lösungen für mögliche Missstände finden. Zu guter Letzt geht es darum, auch auf kritische Fragen kurze und knackige Antworten parat zu haben. Insgeheim freue ich mich schon auf das nächste Gespräch im Freundeskreis: „Wie genau funktioniert denn Fairtrade eigentlich? Was hat es mit dieser Prämie auf sich? Und wieso sind nicht alle Zutaten in einem Produkt fair gehandelt?“, sind schließlich nur einige Fragen, mit denen mich meine Freunde neuerdings löchern. Antworten gibt es dank Medientraining und Marcomms-Tagung bald in kurzen 30 Sekunden Statements … oder eine längere Version bei einem Glas Wein mit Freunden – natürlich Fairtrade.

Am Ende der Woche nehme ich neben vielen Informationen und Begegnungen vor allem eins mit: Das Gefühl selbst ein Teil dieses großen Fairtrade-Systems zu sein, das noch viel größer werden soll. Der Gedanke, überall auf der Welt Kolleginnen und Kollegen zu haben, die an diesem Ziel gemeinsam arbeiten, gefällt mir besonders gut.

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