Die zweite Woche meines Praktikums bei TransFair e.V. startete mit der Fachtagung zum Forschungsstand des fairen Handels im deutschsprachigen Raum. Organisiert vom Global South Studies Center (GSSC) der Universität zu Köln in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und TransFair e.V., soll die Fachtagung den Startschuss für eine stärkere wissenschaftliche Auseinandersetzung zum fairen Handel geben. Während der faire Handel in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend an Bedeutung gewinnt, steckt die wissenschaftliche Betrachtung des Themas noch in den Kinderschuhen. Durch einen kritischen Blick auf unterschiedliche Aspekte des fairen Handels, soll die Fachtagung auch dazu beitragen, zukünftigen Forschungsbedarf aufzuzeigen und zu einem stärkeren Austausch der Wissenschaftler*innen untereinander führen. So ist beispielsweise eine gemeinsame Datenbank für wissenschaftliche Arbeiten zum Thema „Fairer Handel“ geplant. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung leistet einen großen Beitrag, die wichtigsten Stellschrauben zu identifizieren, um den fairen Handel zukünftig noch effizienter und zielführender zu gestalten.
Große Bandbreite an verschiedenen Themen
Themengebiete wie CSR, New Economic Thinking, Ethical Consumption, Postwachstum, Klimawandel, solidarischen Wirtschaftsformen sowie Nachhaltigkeit wurden in fünf Vortragsrunden vorgestellt und anschließend kontrovers diskutiert. So wurden im ersten Panel spannende Fallbeispiele vorgestellt, die Effekte von Fairtrade sowie Alternativen aufzeigten.
In der zweiten Vortragsrunde wurde der Wertediskurs im fairen Handel thematisiert. Dabei wurde beispielsweise die Nachhaltigkeit von Fairtrade in Frage gestellt oder die Problematik diskutiert, dass der Großteil der Wertschöpfung im globalen Norden stattfindet.
Die dritte Vortragsrunde stand unter dem Titel „Nachhaltiger und Fairer Konsum“. Hier stand die Verhaltensökonomie im Vordergrund und die zentrale Frage war: „Warum entscheiden sich Konsumenten für oder gegen Fairdtrade-Produkte?“.
Fairer Handel kontrovers
Der zweite Tag der Fachtagung begann mit einer Vortragsreihe zum fairen Handel im Textilsektor. Dieser befindet sich noch am Beginn seiner Entwicklung und häufig wissen Konsument*innen gar nicht, wo Fairtrade-Kleidung überhaupt erworben werden kann. Abhilfe verschafft hier beispielsweise der Kauf-Guide „Buy Good Stuff “ von der Akademie Mode & Design Düsseldorf.
Besonders spannend wurde es im letzten Panel, das sich kritisch mit der Wirkung von Fairtrade auseinandersetzte. So wird in einigen quantitativen wissenschaftlichen Studien der Effekt von Fairtrade angezweifelt. Auch wurden kritische Fragen/Hypothesen aufgestellt. Beispielsweise, ob die Regulierung des fairen Handels nicht stärker auf staatlicher Ebene gesteuert werden müsse und somit jedes zusätzliche Siegel ein Versagen der staatlichen Ordnungspolitik darstelle.
Der Weg zu einem nachhaltigen Konsum
Das heutzutage so häufig geforderte Prinzip der Nachhaltigkeit zog sich wie ein roter Faden durch die Fachtagung. Der aus dem 18. Jahrhundert aus der Forstwirtschaft stammende Begriff, der eine Wirtschaftsweise beschreibt, bei der nicht mehr Holz geerntet wird als auch wieder nachwächst, hat sich seither stark weiterentwickelt. So ist der Begriff seit der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 salonfähig und fordert eine Gleichstellung von umweltpolitischen Zielen mit ökonomischen und sozialen Entwicklungszielen. Dabei gewinnt Nachhaltigkeit im Diskurs um handels-, agrar- und klimapolitische Themen zunehmend an Bedeutung und wird in den meisten Debatten nicht als deskriptiver, sondern zumeist als normativer Begriff verstanden. Eine entscheidende Frage, die auch auf der Fachtagung gestellt wurde, ist die der Verantwortung. Wer trägt die Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung? Produzenten, Konsumenten, die Politik, labelling Organisationen oder doch wer anderes? Fairtrade stellt sich dieser Verantwortung durch seine Prinzipien des fairen Handels, um somit den globalen Handel auf ökologischer, sozialer und ökonomischer Ebene nachhaltiger zu gestalten.