Heute waren wir zu Besuch bei Jardines Piaveri, einer von sieben Fairtrade-Blumenfarmen, die sich zur Ecuador FairTradeAssociation zusammengeschlossen haben. Die Blumenfarm befindet sich südlich der Hauptstadt Quito, in Nähe des imposanten Vulkans Cotopaxi auf etwa 3.000m Höhe. Im Auto des Leiters der Ecuador FairTradeAssociation, Juan Vivanco, passieren wir die Sicherheitskontrolle des Unternehmens und müssen unsere Hände desinfizieren. Der Schutz vor Schädlingen wird hier groß geschrieben, denn Blumen schlechter Qualität haben keine Chance auf den nordamerikanischen und europäischen Märkten.

Der Vulkan Cotopaxi unweit der Blumenfarm

Die Blumenfarm ist seit 2002 Fairtrade-zertifiziert und besteht aus 16 Gewächshäusern. Zunächst geht es mit der Fairtrade-Beauftragten Inés Tovar in den Sortier- und Verpackungsbereich. Die Rosen kommen mit einem Fördersystem aus den Gewächshäusern in den Sortierbereich. Als erstes werden sie in eine Desinfektionslösung getaucht, wodurch die Rosen frisch bleiben und vor Schädlingen auf dem Transport nach Nordamerika oder Europa geschützt sind. Dann werden sie sortiert, auf einheitliche Länge geschnitten, verpackt und in den Kühlraum gebracht. Dort warten die Rosen darauf, auf Paletten verladen zu werden und weiterhin gekühlt zum Flughafen nach Lacatunga oder Quito gebracht zu werden (der Lufttransport macht nur etwa 3% des Verkaufspreises aus).

In den Gewächshäusern wachsen verschiedenste Rosenarten, insgesamt hat die Ecuador FairTradeAssociation 200 unterschiedliche Sorten im Angebot. In jedem Gewächshaus gibt es mindestens ein Transportsystem, welches die Rosen in die Sortierstation bringt: Etwa auf Höhe meiner Nase sind rotierende Seile gespannt, an denen kleine Behälter mit Rosen eingehängt werden können. Die Ecuadorianer sind allesamt kleiner als ich und die Seile stellen also kein Problem für sie dar. Überall sind Arbeiter, Frauen wie Männer, die Blumen schneiden, sie auf das Transportsystem hängen, die Pflanzen düngen oder Gift spritzen. Ganz ohne Düngemittel oder Gifte geht es kaum, erklärt uns Inés Tovar. Sie verwenden aber soviel es geht Kompost und natürliche Düngemittel und verzichten auf die schlimmsten Gifte, wie es in den Fairtrade-Standards vorgeschrieben ist. Es gibt übrigens auch Bio-Rosen, die teilweise auch in Gourmet-Restaurrants gegessen werden können. Allerdings gibt es in Ecuador nur eine solche Farm und die Nachfrage ist äußerst gering.

Anschließend besuchen wir kurz den Kindergarten und die Krankenstation. In der Krankenstation haben alle Angestellten und deren Familien Zugang zu medizinischer Versorgung. Zudem können sie auf Kosten des Unternehmens andere Ärzte außerhalb der Blumenfarm besuchen und z.B. Krebsvorsorgeuntersuchungen durchführen lassen. Dass das Angebot, welches zum Teil aus Fairtrade-Prämien finanziert wird, auch angenommen wird, bestätigt die Zahnarztbehandlung, die gerade stattfindet, als wir die Station besuchen. Nach diesen Besuchen unterhalten wir uns mit Inés Tovar und Juan Vivanco. Der Absatz über das Fairtrade-System aller ecuadorianischen Farmen beträgt leider nur etwa 1%, der Rest wird über den konventionellen Markt verkauft. Jardines Piaveri ist zudem inzwischen Rainforrst-Alliance-zertifiziert, da einige Kunden diese Zertifizierung nachfragen. Die Zertifizierung sei für die Farm kein Problem, da sie deren Standards sowieso einhalten und die Inspektionen nur sechs Stunden pro Jahr in Anspruch nehmen. Für die Fairtrade-Zertifizierung sind pro Jahr vier Tage an angekündigten Kontrollen notwendig, dazu kommen unangekündigte Kontrollen, die es auch schon gegeben hat.

Auf unserem Programm stand auch ein Gespräch mit einer Arbeiterin, um etwas über die Arbeitsbedingungen und die Verwendung der Fairtrade-Prämien zu erfahren. Esther Magdalena Puco Moso ist 43 Jahre alt, hat vier Kinder und arbeitet seit 18 Jahren bei Jardines Piaveri. Sie kennt also die Zeit vor der Fairtrade-Zertifizierung. Sie erzählt uns, dass das Management der Firma schon immer sehr gut mit den Mitarbeitern umgegangen ist, dass sie den Unterschied durch den Einstieg in den Fairen Handel aber deutlich spürt. Mit der Fairtrade-Prämie wurden zuletzt Programme unterstützt, in denen die Arbeiter die Möglichkeit haben, einen Führerschein zu machen oder Waschmaschinen vergünstigt zu kaufen. Dies ist eine große Entlastung für die Arbeiterinnen und Arbeiter, da das anstrengende Wäschewaschen nach der Arbeit auf der Farm entfällt. Über die Verwendung der Prämie entscheiden alle Arbeiter der Farm gemeinsam, Inés Tovar als Vertreterin des Managements der Firma nimmt nur beratend an den Besprechungen teil. Alle drei Monate versammeln sich die 145 Arbeitnehmer während der Arbeitszeit um über mögliche Projekte zu beraten. Sie wählen auch ein vierköpfiges Kommitee, was die Projekte dann zusammen mit dem Management umsetzt.

Esther Magdalena Puco Moso

Zum Abschluss durften wir in der Kantine der Blumenfarm essen. Hier bekommen die Angestellten für den subventionierten Preis von 0,70 USD ein Frühstück, ein Mittagessen und ein Abendessen. Uns hat es sehr gut geschmeckt und wir verabschieden uns von der Farm Jardines Piaveri.

Bei der Rückfahrt mit Juan Vivanco sprechen wir noch über die geringen Fairtrade-Absätze. Sie würden natürlich gerne noch mehr Projekte für die Arbeitnehmer und ihre Familien umsetzen, dafür fehlt aber eben das Geld. Die Rosen aus Ecuador sind sehr schön und sehr groß und haben daher ihren Preis. Da in Deutschland aber inzwischen etwa 20% aller Rosen Fairtrade-zertifiziert sind, bleibt die Hoffnung, dass auch ecuadorianische Rosen neben ostafrikanischen Rosen einen Platz auf dem deutschen Fairtrade-Blumenmarkt finden.