Den fairen Handel gibt es seit etwa 50 Jahren. Während man in den Anfangsjahren im Norden vor allem exemplarisch zeigen wollte, dass ein gerechterer Handel möglich ist, forderten die Produzenten im Süden größere Absatzmärkte für ihre Produkte zu fairen Konditionen. Diesem Wunsch folgend war Ende der 1980er Jahre bis Anfang der 1990er Jahre die Idee geboren, fair gehandelte Produkte zu siegeln und mit diesen in die Supermärkte zu gehen. In Deutschland wurde dazu 1992 TransFair e.V. gegründet.

Fairtrade in Kenia

Trotz aller Erfolge in den letzten drei Jahrzehnten hat sich an der Notwendigkeit des fairen Handels nichts geändert: Bei einer Reise mit Aufsichtsrat und Mitgliedsorganisationen durch Kenia hat sich gezeigt, dass eine Steigerung der Fairtrade-Absätze für alle besuchten Produzentenorganisationen wichtig ist: Die Tee-Kooperative Sireet Outgrowers hat in den besten Jahren gerade einmal 14% über Fairtrade abgesetzt, in 2018 war es unter 1%. Auch die Blumenfarmen Penta Flowers und Finlays Flowers setzen nur etwa 40% respektive 20% ihrer Produktion über den fairen Handel ab. Und das, obwohl sich die Organisationen zu 100% den Fairtrade-Standards unterwerfen und sich auf eigene Kosten zertifizieren lassen. Am schlimmsten trifft es aber Kipkelion Coffee. Hier wurde bisher, auch sieben Jahre nach der Zertifizierung, noch kein einziges Kilogramm zu Fairtrade-Konditionen exportiert. Da Kipkelion Coffee aber sehr engagiert ist und viele gute Ideen hat, möchte ich diesen Blog nutzen um etwas mehr über sie zu berichten.

Kipkelion Coffee

Zunächst einmal ist Kipkelion Coffee keine klassische Kaffee-Kooperative, sondern ein Unternehmen oder Verbund, welcher Kaffee weiterverarbeitet, exportiert und Kaffee-Kooperativen unterstützt. Dabei gehört das Unternehmen 32 Kooperativen in der Region Kipkelion, die etwa 50.000 Produzenten vertreten. Eine dieser Kooperativen ist, wie auch Kipkelion Coffee selbst, Fairtrade-zertifiziert. Zwei weitere sind dabei, sich der Zertifizierung zu unterziehen. Kipkelion Coffee betreibt eine Kaffeemühle für den Trockenprozess zur Kaffeeaufbereitung und verkauft den Kaffee der angeschlossenen Kooperativen und weiterer Kaffeeproduzenten der Region. Sie haben aber auch ein Kaffee-Labor und Mitarbeiter, die als Quality-Grader ausgebildet sind um so professionell an der Kaffeequalität arbeiten zu können.

Der Kaffee aus Kipkelion ist dabei nicht nur für den Export über die obligatorische Kaffeebörse in Nairobi bestimmt, Kipkelion Coffee verkauft den Kaffee auch fertig geröstet und gemahlen auf dem lokalen Markt. Neben der allgemeinen Marke „Champion“ haben sie die Premiummarke „Zawadi“ geschaffen. Dieser Kaffee stammt von einem Frauenkaffee-Projekt. „Zawadi“ ist Swahili und bedeutet so viel wie „Geschenk“. Der Zawadi-Kaffee ist für den kenianischen Markt auch Fairtrade-gesiegelt. Der Schritt auf den lokalen Markt scheint uns allen sehr vielversprechend zu sein, da die Kaffeekultur in Kenia bisher nicht sehr ausgeprägt ist. In Hotels haben wir ausschließlich Instant-Kaffee bekommen und auch die Kaffeeproduzenten trinken selbst eher das kenianische Nationalgetränk (und Hauptexportprodukt) Tee anstelle des in Kenia vergleichsweise teuren Kaffees. Kipkelion Coffee arbeitet unter anderem an der Vermarktung ihrer Kaffees in Hotels. Aber auch in der aufstrebenden Mittelschicht Nairobis entstehen Cafés, in denen es guten kenianischen Kaffee gibt.

Verarbeitung, Vermarktung und Export ist noch nicht alles, was Kipkelion Coffee seinen Mitgliedskooperativen und deren Mitgliedern bietet. So arbeitet Kipkelion Coffee z.B. mit dem Youth Council des Distrikts zusammen um den Kaffeeanbau auch für die Jugend attraktiv zu machen. Und in der Produktion gibt es eine besondere Innovation: Abfälle der Trockenverarbeitung des Kaffees werden verkokst und zu Briketts verarbeitet. Zudem gibt es eine Baumschule für Kaffeepflanzen um für die Produzenten besonders gute und schädlingsresistente Kaffeesorten zu züchten. Zudem gibt es eine Demonstrations-Kaffeefarm. Hier wird Kaffee zusammen mit schattenspendenden Bäumen und Pflanzen, die gut für den Boden sind (sie binden Stickstoff oder haben Wurzeln, die bis an tiefere Wasserschichten reichen), angebaut um Produktionstechniken weiterzuentwickeln und um Anschauungsobjekte für Schulungsmaßnahmen zu haben. Sowohl die Baumschule als auch die Demonstrations-Farm sind dabei auch Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel, dem die Produzenten ausgesetzt sind.

Buy more Fairtrade!

Der Besuch bei Kipkelion Coffee zeigt, wie engagiert das Unternehmen ist die Produzenten zu unterstützen. Das Management ist dabei sowohl von Bio als auch von Fairtrade überzeugt und möchte beide Ansätze weiter promoten. Dabei hoffen sie natürlich auf starke Fairtrade-Absätze. So hat uns die ganze Reise, insbesondere aber Kipkelion Coffee, gezeigt, dass unser Weg, Fairtrade-Absätze in Deutschland zu steigern, extrem wichtig für die Produzenten in Kenia ist. Die Kollegen von Fairtrade Africa brachten es mit „Buy more Fairtrade!“ und ihren drei Prioritäten „Markets, Markets, Markets“ auf den Punkt.

Alle Produzenten sind unterschiedlich!

Außerdem wurde mir eines immer wieder vor Augen geführt, auch wenn ich in den letzten neun Jahren schon einige Produzenten in aller Welt habe besuchen dürfen: Alle Produzenten im Fairtrade-System sind unterschiedlich! Es gibt nicht nur die kleine Kaffee-Kooperative z.B. in Bolivien, die nahezu die gesamte Ernte über den fairen Handel absetzt. Und auch Tee muss nicht notwendigerweise, wie z.B. in Darjeeling üblich, in großen Plantagen angebaut werden, sondern ist in Kenia oft in Kleinbauernhand. Und natürlich ist eine Tee- oder Kaffee-Kooperative in Kenia ganz anders aufgestellt wie die hochprofessionelle Blumenproduktion im selben Land, die oft in der Hand ausländischer Investoren ist, mit Hilfe von Fairtrade aber auch viel für die Arbeitnehmer tut.