Auch wenn die „Hauptsaison“ für Schnittblumen – mit Valentins-, Weltfrauen- und Muttertag – in diesem Jahr bereits vorbei ist, sind Blumen durch das Jahr hinweg ein beliebtes Geschenk für verschiedenste Anlässe. Und da die heimische Produktion nicht ausreicht, den Bedarf zu decken, werden etwa 80 % der in Deutschland verkauften Schnittblumen importiert, ein Großteil davon aus Ländern des globalen Südens, insbesondere aus Ostafrika, aber auch Lateinamerika. Und über die Entscheidung für Fairtrade-Rosen freuen sich nicht nur die Beschenkten hier, auch bei den Arbeiterinnen und Arbeitern der Fairtrade-Farmen kommt dadurch etwas Gutes an.

Doch was genau ist dieses „Gute“?

Um dem auf die Spur zu kommen, haben wir, mein Kollege Marcel Rutten und ich, uns im Juni auf den Weg nach Kenia gemacht, wo über 50% der insgesamt 829 Millionen im Jahr 2016 verkauften Fairtrade-Blumenstiele angebaut wurden, allem voran Rosen. Von der Hauptstadt Nairobi aus starten wir am frühen Morgen mit dem Ziel, Fairtrade-Blumenfarmen in verschiedenen Regionen zu besuchen. Schnell wird klar, dass unser Weg durch Kenia ein holpriger sein wird, denn durch ungewöhnlich viel und starken Regen ist ein Großteil der Straßen nur schwer oder gar nicht befahrbar. Die Auswirkungen des Klimawandels sind hier deutlich spürbar.

Fairtrade-Rosen für ein neues Klassenzimmer

Gegen Mittag erreichen wir Ravine, wo wir neben der Blumenfarm Karen Roses auch eine weiterführende Schule besuchen, bei der mit Hilfe der Fairtrade-Prämie, die das Prämienkomitee der Farm für den Verkauf von Fairtrade-Rosen erhält, ein neues Klassenzimmer aufgebaut werden konnte. Im Gespräch mit den Mitarbeitern aller besuchten Farmen und der Fairtrade-Prämienkomitees wird uns deutlich, dass die Bildung der Kinder und Jugendlichen für die ArbeiterInnen von hoher Priorität ist, denn durch die Fairtrade-Prämie wurden an vielen Schulen der Regionen Klassenräume gebaut und mit Tischen und Stühlen ausgestattet, von denen wir einige Beispiele besuchen durften. Dies spiegelt sich auch in der üblichen Verwendung der Fairtrade-Prämie für Blumen wider: rund ein Drittel wird in verschiedene Bildungsprojekte für die ArbeiterInnen der Blumenfarmen, ihre Familien sowie für die Gemeinde investiert.

Unser nächster Stopp führt uns weiter ins Landesinnere zum Mount Kenya, wo wir das Pope John Paul II. Huruma Health Centre in Nanyuki besuchen. Die Leiterin Schwester Lucia zeigt uns in diesem, durch verschiedene Stiftungen finanzierten, Krankenhaus voller Stolz und Freude ein Röntgengerät, das dringend benötigt wurde und durch die Fairtrade-Prämie angeschafft werden konnte. Nicht zuletzt deswegen ist das Krankenhaus bei vielen Bewohnern beliebter als das staatliche Krankenhaus in Nanyuki und wird täglich von durchschnittlich 2.000 Anwohnern der Gegend aufgesucht. Besonders beeindruckt uns die Energie und Selbstlosigkeit, mit der Schwester Lucia das Krankenhaus führt, auch unter oft schweren Bedingungen.

Fairtrade für die Kleinen

Ebenfalls am Mount Kenya dürfen wir das Deb. Madraka Baby Care Centre besuchen, eine Kindertagesstätte, in der Babys und Kleinkinder im Alter von wenigen Monaten bis zu drei Jahren betreut werden. Diese Begegnung ist besonders berührend, denn trotz einfachster Verhältnissen begrüßen uns die Kleinen voller Fröhlichkeit und Neugier. Wir erfahren, dass sich viele Eltern ohne die durch die Fairtrade-Prämie finanzierte Einrichtung keine Betreuung für ihre Kleinkinder leisten könnten, denn bereits nach drei Monaten endet in Kenia der gesetzliche Mutterschutz, und eigens finanzierte Betreuung führt die jungen Familien oft an ihre finanziellen Grenzen. Für diese Kindertagesstätte hingegen müssen die Eltern nur einen sehr kleinen Beitrag zahlen, der Rest wird von der Prämie gedeckt; und die Eltern können dank der Einrichtung beruhigter arbeiten, wissen sie ihr Kind doch in guter Betreuung.

Und viele weitere Prämien-Projekte lernen wir auf unserer Reise kennen, die uns die Vielfältigkeit der Wirkung vor Ort bewusst macht: Wassertanks, die ganze Viertel versorgen, Krankenhäuser, Bibliotheken und Gemeindezentren, aber auch kleinerer Projekte wie am Mount Kenya, wo Farm-Arbeiter wie David Thiangiru Mugambi die Anschaffung einer Ziege finanzieren können, mit der sie ihre Familien mitversorgen und zusätzlich durch den Verkauf der Milch noch Zusatzeinnahmen generieren können.

Wir sind beeindruckt

Auch wenn die Besuche verschiedener Blumenfarmen in Ravine, am Mount Kenya und am Lake Naivasha beeindruckend sind: es sind Begegnungen wie diese, die unseren Besuch in Kenia so besonders für uns machen. Schon vieles haben wir über die vielfältigen Projekte gehört, die durch die Fairtrade-Prämie ermöglicht werden. Aber die Menschen zu treffen, die dank dieser Projekte ein besseres Leben führen können, gibt dem Ganzen eine neue Bedeutung.

Was wir mit nach Hause nehmen

Und gleichzeitig geben sie uns eine Bitte mit auf den Weg zurück nach Deutschland: um die Reichweite der Fairtrade-Prämienprojekte zu vergrößern ist es wichtig, die Absätze von Fairtrade-Blumen zu steigern, denn Fairtrade-Blumenfarmen können im Schnitt nur 20-25% ihrer Ernte unter Fairtrade-Bedingungen verkaufen. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass hier viel Potential liegt, das „Gute“, das durch die Entscheidung für Fairtrade-Rosen in den Ursprungsländern ankommt, zu steigern. Viele wissen um die Bedeutung von Fairtrade-Kaffee oder Bananen, aber Blumen kennen viele nicht als Fairtrade-Produkt. Viele Supermärkte haben neben konventionellen Rosen auch Fairtrade-Rosen im Angebot, und rund 1.100 Floristen in Deutschland sind bereits als Fairtrade-Florist registriert. Und hier kannst du weiterhelfen: wenn du das nächste Mal bei deinem Floristen um die Ecke bist oder im Supermarkt vor dem Blumenregal stehst, dann schau oder frag doch mal nach Fairtrade-Rosen. Denn letztendlich sind wir Konsumenten diejenigen, die mit unserer Nachfrage das Angebot bestimmen und somit Sorge dafür tragen können, dass noch mehr „Gutes“ seinen Weg in die Ursprungsländen unserer Blumen findet.