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Straßenkiosk an der Grenze zwischen Peru und Bolivien.

Der Titicacasee in den Anden, der höchste schiffbare See der Welt. Schaukelnd legt das Motorfloß an, auf dem der kleine Bus steht, mit dem wir von Peru nach Bolivien fahren. Dort will ich Pfadfinder treffen, die ich vor bald 13 Jahren bei einer Begegnungsreise kennengelernt habe. Als das Floß vertäut ist und wir wieder sicheren Boden unter den Füßen haben, wollen wir uns etwas Wegzehrung kaufen. Ich erwarte eigentlich, an den Kiosken, die neben der staubigen Straße aufgebaut sind, Schokolade von Nestlé zu finden. Die gab es dort bei meiner ersten Reise. Jetzt entdecke ich Produkte von El Ceibo. Die sind deutlich leckerer als die importierte Ware.

El Alto. Eine Trabantenstadt oberhalb von La Paz. In der Schokoladenfabrik von El Ceibo treffen wir den Exportmanager Bernardo Apaza. Er erzählt uns von der Geschichte des Unternehmens, das ein Zusammenschluss von Kooperativen ist. In den 1960er Jahren verließen tausende Menschen das karge bolivianische Hochland und siedelten in der fruchtbaren Tiefland-Region Alto Beni im Amazonasbecken. Von der Regierung bekamen sie ein paar Hektar Land und versuchten sich im Kakaoanbau. Dies funktionierte allerdings eher schlecht als recht. Die Erträge waren klein und die Qualität war schlecht. Es fehlte an Fachwissen und Organisation. Einige Zwischenhändler erkannten dies und wollten es ausnutzen. Sie boten den Kleinbauern viel zu niedrige Preise. Um gegen diese Händler eine Chance zu haben, Schlossen sich die Kleinbauern zusammen. „Das war im Jahr 1977, die Genossenschaft El Ceibo war geboren“, berichtet Apaza stolz. Die Bauern nutzen die Genossenschaft, um den Kakao gemeinsam zu vermarkten und sich gegenseitig zu helfen. 1986 steigt El Ceibo in den Fairen Handel ein und exportiert Kakao nach Europa. In der Schweiz kommt 1991 die erste fair gehandelte Schokolade der Welt auf den Markt – mit Kakao von El Ceibo. „Der Faire Handel öffnete uns den Zugang zum Weltmarkt. Heute kann El Ceibo den Kakaopreis in der Region mitbestimmen. Deshalb geht es uns besser.“ erklärt der Manager.

Mit Krediten von Oikocredit und dank stabiler Einnahmen aus dem Fairen Handel baut El Ceibo Anlagen um ihren Kakao selbst weiterzuverarbeitet.

Im Ort Sapecho in Alto Beni hat El Ceibo seinen Stammsitz.

Und die Erfolgsgeschichte geht weiter. Mit Krediten von Oikocredit und dank stabiler Einnahmen aus dem Fairen Handel baut El Ceibo zuerst Anlagen, in denen Kakao verarbeitet wird. Und später die Schokoladenfabrik in El Alto. Heute beschäftigt die Kooperative etwa 100 Mitarbeiter. Früher wurde fast der gesamte Kakao exportiert, heute verkauft El Ceibo etwa 40 Prozent der Ernte auf dem bolivianischen Markt – wie in den Straßenkiosken am Titicaca-Ufer. Für die Bauern lohnt sich das. Die Kooperative erzielt auf dem heimischen Markt inzwischen bessere Preise, als die europäischen Partner aus dem Fairen Handel bezahlen können.

Um die Kooperative besser kennen zu lernen, fahren wir über schmale gefährliche Straßen hinab ins Tiefland von Alto Beni. Mitten in der Nacht kommen wir in Sapecho an. Es regnet und auch innerhalb des kleinen Orts hört es sich an wie im Urwald. Am nächsten Morgen werden wir vom Vizepräsidenten der Kooperative begrüßt. Pedro Flores Baltazar erzählt uns, dass El Ceibo zu 90 Prozent Biokakao produziert und heute ein Zusammenschluss von 48 kleineren Kooperativen ist, allesamt im Umkreis von etwa 80 Kilometern von Sapecho. Baltazar ist stolz: „Nahezu alle Kakaobauern der Region gehören dazu.“

Das Gespräch kommt auch auf die aktuellen Probleme der Kakaobauern: Zur Zeit macht ihnen die Fruchtfäule große Probleme. Das ist ein Pilz, der Kakaopflanzen befällt. Die Ernteerträge sind teilweise empfindlich zurückgegangen. Einzelne Kakaobauern hätten die Produktion wahrscheinlich längst aufgegeben, doch auch hier zeigt es sich, wie es den Bauern hilft, sich in einer Kooperative zusammenzuschließen: Wir sehen das in der Versuchsanstalt von El Ceibo, die nur wenige Kilometer entfernt liegt. Im strömenden Regen zeigt uns ein Mitarbeiter, wie die Kooperative durch Kreuzen und Veredelung pilzresistente Kakaopflanzen züchtet, die die Kooperativenmitglieder dann zum Selbstkostenpreis kaufen können.

Groß geworden durch den Fairen Handel und Kredite von Oikocredit, ist El Ceibo eine Erfolgsgeschichte. Die Kooperative der bolivianischen Kakaobauern dient heute als Vorbild für neue Zusammenschlüsse im ganzen Land. Wie schön wäre es, denke ich als wir durch den Dschungel weiterfahren, wenn sich diese Geschichte überall auf der Welt wiederholen würde!