Es ist Anfang November, Hochphase der Baumwollerntezeit, als ich meine erste Reise nach Indien antrete, um gemeinsam mit unserem Partner und Berufsbekleidungshersteller Brands Fashion, Fairtrade-Baumwoll-Produzentenorganisationen kennenzulernen. Unsere Reise führt uns in den westlichen Teil des sogenannten „Cotton Belts“, der sich von den Staaten Gujarat an der Westküste bis an die Ostküste nach Odisha erstreckt.

BEGRÜßUNG BEI NOBLE ECOTECH

Unsere erste Station ist die Produzentenorganisation Noble Ecotech mit 2.400 Farmern und liegt in der Nähe von Indore, Madhya Pradesh. Unser Fahrer hält zuerst bei einem großflächigen Waisenhaus, das gegenüber von einer Schule liegt.  Das Waisenhaus wird durch Fairtrade-Prämiengelder finanziell unterstützt und beherbergt 25 Kinder. Vor dem Gebäude befindet sich ein kleiner Garten mit Heilkräutern, der von den Kindern und Lehrern gepflegt wird. Begrüßt werden wir mit Blumenketten, uns werden Bindis auf die Stirn gemalt und die Kinder singen ein Ständchen auf Hindi. Wir sind von dieser warmherzigen Willkommensheißung gerührt und möchten so viel wie möglich über den Alltag der Kinder erfahren.

 

Durch die Fairtrade-Prämie wurden ein Computer-Raum und ein Raum mit Nähmaschinen eingerichtet, um die Kinder auf das Leben nach der Schule vorzubereiten. Täglich haben die Kinder Computerunterricht und dürfen sich an den Nähmaschinen ausprobieren. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass die Kinder regelmäßig Sport machen und zusätzlich gibt es einmal die Woche im schuleigenen Garten biologisches Landwirtschaften.

FAIRTRADE TRAININGS CENTER

Dann ist auch schon Mittagessenszeit für die Kinder und wir brechen zu unserem nächsten Stopp auf, einem Fairtrade Trainings Center. Hier erklärt uns der Trainer, Bhawaniram Yadav, der selbst von Fairtrade geschult wurde, wie er sein Wissen über Fairtrade und den biologischen Anbau von Baumwolle an die Farmer vermittelt. Durch Fairtrade hatte er die Möglichkeit, sich im Bereich „biologische Landwirtschaft“ weiterzubilden und kann nun durch Kompostierung und das eigenständige Anmischen von Pestiziden und Dünger, die Bauern mit den passenden Mitteln versorgen. Das Beste daran ist, alles ist für die Farmer kostenlos, denn selbstgemachte Pestizide bestehen aus natürlichen Rohstoffen wie zum Beispiel Kuhdung, Kuhurin, indischem Rohrzucker und Niem-Blättern. Es hört sich fast ein bisschen wie Hexenkunde an, als er uns zeigt, wie die Mischungen entstehen und doch ist es so einfach. Man fragt sich, warum nicht alle Bauern auf solche „Haushaltsmittel“ setzen. Als Erklärung bekommt man zu hören, dass viele Bauern gar nicht mehr von dieser traditionellen Zubereitung wissen und an Knebelverträge von Großkonzernen mit chemischen Pestiziden und Düngemitteln gebunden sind – unter anderem auch wegen des genmodifizierten Saatguts, auf das sie sich irgendwann eingelassen haben. Für viele Farmer ist es ein finanziell verheerender Teufelskreis und doch ist es gut zu sehen, dass es auch anders geht.

IM BAUMWOLLFELD

Anschließend besuchen wir die Kleinbauern im erntereifen Baumwollfeld und zeigen ihnen, was aus ihrer Baumwolle entstanden ist: ein rotes Polo-T-Shirt für die Mitarbeiter von Kaufland. Für den Kleinbauern scheint es genauso ein abstrakter Gedanke zu sein, dass dieses Kleidungsstück aus seiner Baumwolle entstanden ist wie für mich, dass der Ursprung dieses Polo-T-Shirts aus grünen Feldern mit weißen, fluffigen Watte-Blüten besteht. Er freut sich darüber und wir freuen uns mit ihm. Der Austausch hat sich gelohnt.