Langsam windet sich das Auto die staubige Schotterstraße hinauf. Der Weg ist schmal und man kann sich kaum vorstellen, dass hier LKW fahren, die Kaffee und Früchte aus den Bergregionen in die Stadt bringen. Gerade haben wir Caranavi verlassen, Boliviens Kaffeehauptstadt. Die Stadt liegt auf gut 600 Metern Höhe in den Yungas, den östlichen Andenausläufern. Aus dem Fenster sehen wir die in den Tälern hängenden Wolken – sie sorgen für das optimale Klima für den Kaffee. Unser Ziel ist die nach Fairtrade-Richtlinien arbeitende Kooperative Alto Sajama. Sie liegt zwischen 1.400 und 1.800 Metern Höhe in den Nebelwäldern der Yungas.

Neben mir sitzt Eva und erzählt von der Kooperative, die seit 20 Jahren Hochlandkaffee exportiert. „Ich selbst bin die Tochter von Kaffeebauern“, sagt die etwa 30jährige, „jetzt bin ich für die internationalen Kontakte der Kooperative zuständig.“ Die Kooperative hat es Eva als einer der ersten Kinder der Kaffeebauern ermöglicht, in der Stadt zu studieren. Etwa die Hälfte ihrer Zeit arbeitet sie aber in der Kooperative, die aus insgesamt 41 Familien besteht. „Wir haben nur drei Abnehmer für unseren Kaffee, einer davon ist die deutsche Firma GEPA.“

In Alto Sajama angekommen, werden wir von Evas Mutter mit einem Glas frisch gepresstem Orangensaft begrüßt. Die Früchte hat sie vor wenigen Minuten geerntet, dazu können wir uns riesige Mandarinen selbst vom Baum pflücken. „Selbstverständlich haben die Früchte Bio-Qualität, genau wie unser Kaffee“, betont Evas Mutter.

Nach der kleinen Stärkung besuchen wir Doña Irene Cresondo, die uns ihre Kaffeepflanzung zeigt. Wir folgen ihr auf einem Trampelpfad in den Wald. Erst beim genaueren Hinsehen entdecke ich die Sträucher mit den roten und gelben Kaffeekirschen – offenbar sind wir bereits mitten im Anbaugebiet. Die Kaffeepflanzen stehen unter größeren Bäumen. „Der Schatten ist wichtig für den Kaffee“, erklärt Doña Irene, „vor allem aber schützen die Bäume vor Erosion.“

Alto Sajama

Doña Irene Cresondo (rechts), Mitglied der Fairtrade-Kaffee-Kooperative Alto Sajama in Bolivien, beim Trocken ihres Kaffees

Später zeigt uns Doña Irene noch den ganzen Verarbeitungsprozess des Kaffees: „Am mühsamsten ist die Ernte, da nur die jeweils reifen Kaffeekirschen gepflückt werden können.“ Aber auch sonst passiert hier alles in Handarbeit: Mit einer kleinen handbetriebenen Maschine werden die Kaffeebohnen aus den Kaffeekirschen gelöst. Die Bohnen werden dann zwei Tage fermentiert, bevor sie weitere zwei Tage an der Luft getrocknet und immer wieder gewendet werden. Danach werden sie gelagert, bis der Kaffee dann von der Kooperative gemeinsam exportiert wird.

Eva führt uns zum Verwaltungs- und Versammlungsgebäude, gegenüber der kleinen Schule. Sie erklärt uns, dass nur jüngere Kinder bis zur dritten Klasse diese Schule besuchen. Sie werden von einem vom Staat bezahlten Lehrer unterrichtet, die Schule aber hat die Kooperative selbst errichtet. Die älteren Kinder gehen in eine Schule, die etwa eine Stunde entfernt ist.

Im Versammlungssaal erklärt uns Don Jaime Marino Poma, der Vorsitzende der Kooperative, die wirtschaftliche Situation der Kaffeebauern. Für viele Familien reiche der Erlös des Kaffeeexports gerade so zum Leben. Nebenbei handeln die Kooperativenmitglieder aber auch traditionell mit Bauern aus dem Hochland: Sie tauschen zum Beispiel Früchte gegen Kartoffeln, ganz ohne Geld. „Der Fairtrade-Mindestpreis ist in den letzten Jahren leider nicht in dem Maße gestiegen, wie die sonstigen Preise in Bolivien“, bemerkt ein anderes Kooperativenmitglied. „Zum Glück gibt es neben dem eigentlichen Preis für den Kaffee aber auch noch die Fairtrade-Prämie“, ergänzt Don Jaime. Von ihr werden Gemeinschaftsinvestitionen getätigt, wie etwa der Bau der Schule und des Verwaltungs- und Versammlungsgebäudes, sowie der Unterhalt einer kleinen Krankenstation. „In drei Tagen werden wir bei der Versammlung entscheiden, wie wir die Fairtrade-Prämie dieses Jahr einsetzen werden“, sagt Don Jaime. Für was sich die Versammlung entscheiden wird, weiß auch er nicht. Vielleicht wird in die Verbesserung der Anbaumethoden und der Qualität investiert, vielleicht aber auch in eine verbesserte Wasserversorgung, neue Sanitäreinrichtungen oder in die Ausbesserung der Straße.

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